Hintergrundinformationen
Der historische Roman “Lady ohne Furcht und Tadel” (vormals: “Reise nach Edinburgh”) spielt im England des Jahres 1754, etwa acht Jahre nach dem verheerenden “Battle of Culloden”. In dieser letzten Schlacht auf britischem Boden wurden die sogenannten Jakobiter (engl. Jacobites) unter ihrem Anführer Bonnie Prince Charlie am 16. April 1746 von den britischen Regierungstruppen unter dem Kommando des Herzogs von Cumberland vernichtend geschlagen.
Jakobiter nannte man die Anhänger des früheren Königshauses der Stuarts, dessen letzter Vertreter, James II von England und VII von Schottland, im Herbst 1688 ins Exil nach Frankreich geflohen war. Seine pro-katholische Politik hatte die anglikanischen Parteien Großbritanniens dazu bewogen, Wilhelm III von Oranien-Nassau, den protestantischen Ehemann von James’ Tochter Mary, samt seiner Armee ins Land zu holen. Sowohl das englische als auch das schottische Parlament erklärten Mary und Wilhelm zu ihren rechtmäßigen Monarchen (sog. Glorreiche Revolution).
James und seiner Familie (seine zweite Ehefrau Maria von Modena hatte im Juni 1688 den Sohn James Francis Edward geboren) wurde von Louis XIV in Frankreich Zuflucht gewährt.
Die Anhänger der Stuarts versuchten über die nächsten Jahrzehnte hinweg, die alte Herrschaftsordnung wiederherzustellen und James II (nach dessen Tod 1701 seinen Sohn James Francis Edward als James III, auch genannt “The Old Pretender” oder “King over the Water”) zurück auf den Thron zu bringen. Die jakobitischen Aufstände von 1689, 1708, 1715, 1719 und 1745 wurden dabei von den verschiedensten Gruppen – Katholiken, Protestanten, Schotten, Engländern, Iren – aus den unterschiedlichsten Beweggründen unterstützt, waren aber allesamt erfolglos.
Nachdem Mary und Wilhelm als auch deren Nachfolgerin Anne, Marys jüngere Schwester, ohne überlebende Nachkommen verstorben waren, wurde 1714 der deutsche Kurfürst Georg von Braunschweig-Lüneburg (“Kurhannover”) als nächster protestantischer Verwandter König von Großbritannien (George I). Die jakobitischen Bemühungen richteten sich fortan gegen das Haus Hannover, dem ab 1727 George II, der Sohn von George I, vorstand.
Der letzte große Aufstand der Jakobiter (“The Forty-Five”) wurde von Charles Edward Stuart, dem 1720 geborenen Sohn von James Francis Edward, angeführt, auch genannt “Bonnie Prince Charlie” oder “The Young Pretender”. Nach anfänglichen Erfolgen und einem Marsch bis nach Derby wurde seine vor allem aus schottischen Highland-Clans bestehende Armee am 16. April 1746 im Culloden Moor in der Nähe von Inverness von den britischen Regierungstruppen unter dem Befehl des Herzogs von Cumberland, dem dritten Sohn von König George II, vernichtend geschlagen.
Bonnie Prince Charlie entkam auf einer mehrmonatigen abenteuerlichen Flucht nach Frankreich (dazu gehörte auch seine Verkleidung als Zofe der seither berühmten Flora McDonald), während die Regierungstruppen auf Befehl des Herzogs von Cumberland die Highlands mit brutalen Vergeltungsmaßnahmen überzogen – Exekutionen, Verhaftungen, Plünderungen und Brandschatzungen. Während der Herzog in London als Held gefeiert wurde, verpasste man ihm in Schottland aufgrund seines unbarmherzigen Vorgehens den Beinamen “The Butcher”.
Aus Angst vor neuerlichen Aufständen wurde den Clans das Tragen von Waffen und Kilts verboten, die gälische Kultur und Sprache zurückgedrängt, das Clan-System aufgehoben, Enteignungen vorgenommen und neue Militärfestungen errichtet (zB Fort George bei Inverness).
Auch nach 1746 gab es noch einzelne jakobitische Aktionen, doch verlor die jakobitische Bewegung nach Culloden deutlich an Kraft.
1750 reiste Bonnie Prince Charlie heimlich nach London, 1752 wurde ein Versuch unternommen, die königliche Familie zu entführen (“Elibank Plot”), und 1759 plante Frankreich eine Invasion Großbritanniens, an der der jakobitische Prinz mitwirken sollte, die aber schließlich – auch dank des erfolgreichen britischen Spionagesystems – kläglich scheiterte.
Invasionsängste waren in Großbritannien seit vielen Jahren weit verbreitet und wurden vom berühmten Schauspieler David Garrick 1750 sogar in einem Lied verarbeitet.
Sowohl auf Seiten der Jakobiter als auch der britischen Regierung wurden zahlreiche Geheimagenten eingesetzt. Sir Robert Walpole, Premierminister unter George I und George II, hatte ein effizientes Spionagesystem aufgebaut, das sich über ganz Europa erstreckte.
Auf Seiten der Jakobiter ist auch der Einsatz einer weiblichen Agentin dokumentiert, Eleanor de Mézières, einer Engländerin, die einen französischen Marquis geheiratet hatte.
Wenn Ihr weitere Details zum jakobitischen Spionagekrieg nachlesen möchtet, empfehle ich das Buch “Jacobite Spy Wars” von Hugh Douglas (siehe Literaturhinweise).
***
Zudem stand Großbritannien 1754 am Vorabend des Siebenjährigen Krieges (1756-1763), an dem alle damaligen europäischen Großmächte beteiligt waren, wobei es der britischen Krone und Frankreich vor allem um die Vorherrschaft und die Sicherung ihrer Ansprüche in den Kolonien Nordamerikas und Indiens ging.
Insbesondere im Ohio-Tal und in der kanadischen Provinz Akadien kam es bereits ab 1754 zu Gefechten und Übergriffen zwischen britischen und französischen Kolonialisten, beide Seiten wurden von jeweils verbündeten Indianerstämmen unterstützt. Ein französischer Angriff auf das halb fertiggestellte Fort Prince George im April 1754 führte zu einem britischen Gegenschlag unter dem jungen Colonel George Washington (“Battle of Jumonville Glen”).
In Europa bemühte sich Österreich um eine Annäherung an Frankreich, was den bisher bestehenden Allianzverhältnissen widersprach. Der im Jänner 1754 nach Paris entsandte kaiserliche Botschafter Graf von Starhemberg versuchte, über die mächtige Mätresse Madame de Pompadour den französischen König Louis XV im Sinne der Habsburger zu beeinflussen.
Der Herzog von Newcastle, Thomas Pelham-Holles, seit dem Tod seines Bruders im März 1754 britischer Premierminister, galt als ein starker Befürworter des österreichisch-britischen Bündnisses. Geboren 1693 in London, begann er seine politische Karriere bereits in jungen Jahren, gefördert von Sir Robert Walpole. Er wird als groß gewachsen beschrieben, mit hoher Stirn und Hakennase, ein Hypochonder, der sich ständig um seine Gesundheit sorgte. Wegen seiner aufgeregten Geschäftigkeit hatten ihn Zeitgenossen mit dem Spitznamen “Hubble-Bubble” versehen.
Literaturhinweise
Wenn Ihr an weiterführender Literatur interessiert seid, findet Ihr hier eine Auswahl der Bücher und Dokumente, die ich bei meinen Recherchen für “Lady ohne Furcht und Tadel” (vormals: “Reise nach Edinburgh”) verwendet habe:
- Jacobite Spy Wars – Moles, Rogues and Treachery, Hugh Douglas, Sutton Publishing, 2000
- Dr. Johnson’s London – Everyday Life in London 1740-1770, Liza Picard, Phoenix Paperback, 2000
- Daily Life in 18th-century England, Kirstin Olsen, Greenwood Press, 1999
- R R Angerstein’s Illustrated Travel Diary, 1753-1755, Industry in England and Wales from a Swedish perspective, translated by Torsten and Peter Berg, Science Museum, 2001
- The Gentleman’s Magazine and Historical Chronicle for the Year MDCCLIIII (volume XXIIII)
- The London Magazine or Gentleman’s Monthly Intelligencer for the Year 1754 (volume XXIII)
- Map of London, Westminster and Southwark by John Rocque 1746