Werbung für das 18. Jahrhundert

Die meisten historischen Romane der letzten Jahre sind im Mittelalter angesiedelt, das 18. Jahrhundert wird dagegen eher stiefmütterlich behandelt. Da es sich dabei aber um eine sehr interessante und oft unerwartet moderne Zeit handelt, möchte ich Euch das 18. Jahrhundert, und hier insbesondere die Jahre rund um 1750, in meinem Blog etwas näher bringen. Übrigens habe ich die folgenden Fakten in der einen oder anderen Weise in meinem Buch „Reise nach Edinburgh“ verarbeitet. Viel Spaß beim Schmökern!

Wusstet Ihr, dass …

… das Königreich Großbritannien seit 1714 von deutschen Fürsten regiert wurde?Anne, die letzte Vertreterin des (mit Unterbrechungen) seit dem Tode Elizabeth’s I regierenden Stuart-Geschlechts, war 1714 ohne überlebende Nachkommen gestorben – obwohl sie mindestens 18 (!) Schwangerschaften hatte.

George II

George II

Bereits zu ihren Lebzeiten wurde geregelt, dass die Thronfolge auf Sophie von der Pfalz und deren protestantische Nachkommen übergehen sollte – diese stammte über ihre Mutter aus dem Hause Stuart ab und war zwar nur eine weit entfernte Verwandte, alle anderen – näher verwandten – Thronanwärter waren aber römisch-katholisch. Sophie verstarb kurz vor Anne, und so bestieg deren Sohn Georg Ludwig, Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg (Haus Hannover), als George I den britischen Thron. Sowohl ihm als auch seinem Sohn George II, der 1727 nachfolgte, wurden recht schlechte Englischkenntnisse nachgesagt.

… London im 18. Jahrhundert zur größten Stadt Europas angewachsen war? Ausländische Besucher bestaunten nicht nur die moderne Straßenbeleuchtung (Öllampen), sondern auch die unzähligen Geschäfte, in denen Waren aus aller Welt erstmals in großen Schaufenstern präsentiert wurden. Andererseits gehörten auch Luftverschmutzung (Ruß und Rauch von Kohlefeuern), Nebel und pestilenzartiger Gestank zum Alltag der Metropole.

The Building of Westminster Brigde, S. Scott

The Building of Westminster Brigde, S. Scott

… vor 1750 nur eine einzige Brücke, nämlich die von Häusern gesäumte London Bridge, die beiden Themseufer in London verband?
Im November 1750 wurde die Westminster Bridge eröffnet, ihr Bau hatte aufgrund zahlreicher Verzögerungen (Finanzierungsprobleme, Unfälle, harte Winter, Sabotageakte von Flussschiffern, Erdbeben) mehr als zehn Jahre in Anspruch genommen. Bis dahin hatte man die Themse an dieser Stelle nur mittels Fährboot überqueren können, das auch Pferde, Karren und Kutschen transportierte. Bald danach begannen die Planungen für eine dritte Brücke, die Blackfriars Bridge in der Londoner City.

… die heutige Autobahn A1 im Wesentlichen dem Verlauf der Great North Road folgt, die die beiden Städte London und Edinburgh verband?
Die Great North Road war die Hauptverbindungsroute zwischen dem Norden und Süden der Insel und ging auf antike Römerwege zurück. Das Reisen in jener Zeit war beschwerlich, denn der Zustand der Straßen ließ mehr als zu wünschen übrig: staubig im Sommer, matschig im Winter, mit Schlaglöchern übersät und von Spurrinnen gezeichnet. Dazu kamen weitere Unbillen: Regenfälle und Schnee konnten Straßen unpassierbar machen, unzureichende Federungen und beengte Fahrgasträume beeinträchtigten die Bequemlichkeit in den Kutschen, nicht zu vergessen die ständig lauernde Gefahr von Straßenräubern.
Laut einem Werbeinserat aus dem Jahr 1754 benötigte eine öffentliche Kutsche dank der neuen leichteren Bauweise im Sommer nur noch 10 Tage (im Winter 12 Tage), um die Strecke London – Edinburgh (ca. 400 Meilen) zu bewältigen. Die entsprechende Autofahrt dauert heute etwa 8 Stunden.

"A View of Leicester Square", T. Bowles (Detail)

“A View of Leicester Square”, T. Bowles (Detail)

… Sänften das schnellste Fortbewegungsmittel in London waren?
Die kräftigen und flinken Träger konnten Sänften (engl., sedan chairs) durch enge Gassen, auf Gehsteigen und über Stufen transportieren und umgingen damit die oftmals verstopften Straßen der Stadt. Wer selbst keinen Tragesessel besaß, konnte einen solchen rund um die Uhr mieten, an einem der Standplätze wie St. James’ Park und Charing Cross, oder durch Herbeirufen („Chair, chair!“). Nach Einbruch der Dunkelheit wiesen sog. Link-Boys den Sänftenträgern mit Fackeln den Weg, weshalb es auch den weniger ortskundigen irischen Einwanderern möglich war, dieser recht lukrativen Arbeit nachzugehen.
Passagiere konnten den „Sedan Chair“ bequem in der Eingangshalle ihres Hauses besteigen und auf diese Weise die Stadt durchqueren, ohne je einen Fuß in die schmutzigen Straßen setzten zu müssen oder (dank der Vorhänge) von Passanten erkannt zu werden.

… üblicherweise nur Männer Perücken trugen?
Perücken kamen unter dem französischen König Louis XIII in Mode, der auf diese Weise seine frühzeitige Kahlheit verbarg. Die anfänglich vollgelockten und lang herabfallenden Allongeperücken wurden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts von kurzhaarigeren Modellen abgelöst. Perücken waren keineswegs den adeligen Herren vorbehalten, sondern zählten auch bei Kaufleuten, Handwerkern, Priestern, Beamten und Ärzten zur modischen Grundausstattung. Die Formen und Farben waren vielfältig, am häufigsten Zopffrisuren und Bobs. Zu besonderen Anlässen wurden die aus Pferde-, Ziegen- oder Menschenhaar gefertigten Perücken zusätzlich gepudert.

La_prima_colazione_1754_detail Frauen trugen üblicherweise keine Perücken, sie arrangierten ihr natürliches Haar in schlichten, kopfnahen Frisuren, zum Beispiel „à la tête de mouton“ (Schafskopf; kleine, eng am Kopf liegende Locken). Erst in den 1770er Jahren wurden die Frisuren höher und voluminöser, sodass die Verwendung von Haarteilen und Drahtgestellen notwendig wurde.

 

… to be continued …

 


Kommentare

Werbung für das 18. Jahrhundert — 2 Kommentare

  1. In England ist vieles ganz anders im 18. Jh. als in Frankreich. Die Mode wurde jedoch gerne aus Frankreich übernommen. Es gab Puppen, die von Frankreich nach England gesandt wurden… Sänften wurden wohl in beiden Ländern benutzt, um die Schuhe u. Kleidung vor Schmutz zu bewahren…

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